Die Natur, die Landschaft, der Raum und der Mensch als einfühlsamer Gestalter sind Thema dieser Ausstellung. Mit dem Titel “Wo wir uns wiederfinden” wird zur Natur hin eine Brücke geschlagen.

Soweit die künstlerischen Positionen von Karin Czermak, Evelyn Kreinecker, Barbara Lindmayr und Cinthia Mitterhuber auch unterschiedlich sind, man erkennt sogleich das verbindende Thema in der jeweiligen individuellen Darstellung der Natur. Dabei wird einerseits dem Genre des Natur- und Landschaftsbildes nachgegangen sowie das geistige Prinzip, dass alles ist mit allem verbunden ist, malerisch und installativ ausgedrückt.

Der bekannte deutsche Kunsthistoriker Prof. Wieland Schmied (verst. 2014, lebte in Vorchdorf) schrieb dazu erkenntnisreich Folgendes: “Kunst ist das Medium, Erfahrungen der verschiedensten Art zu machen, religiöse Erfahrungen, Erfahrungen über den Menschen, über seine Zeit, seine Welt, seinen Glauben oder seinen Nicht-Glauben, sein Verhältnis oder sein Nicht-Verhältnis zu Gott und Kunst ist zugleich Medium, diesen Erfahrungen Ausdruck zu geben in einer autonomen, nur ihren eigenen Gesetzen gehorchenden Formensprache.”

Und noch ein weiteres Zitat, diesmal von Hermann Hesse soll uns zur Ausstellung einstimmen:
„Die Kunst gehört zu den Funktionen der Menschheit, die dafür sorgen, dass Menschlichkeit und Wahrheit fortbestehen, dass nicht die ganze Welt und das ganze Menschenleben in Hass und Partei zerfällt.“

Wo wir uns wiederfinden.
Wir können uns entweder im Hier und Jetzt, analog im persönlichen Gegenüber, wieder finden oder digital im virtuellen Zeitalter. Jeder wird seine eigene Antwort finden und darf sich durch diese Ausstellung inspirieren lassen. Aber ich gebe ihnen die Antwort des einen gemeinsamen Nenners:
Wir finden uns im Moment wieder, wenn wir in uns nachspüren.
Wir finden uns dort wieder, wo wir an etwas anknüpfen können.

So findet man meist in der Natur am schnellsten zur ersehnten Ruhe und Entspannung, was uns ja auch regelmäßig zu einem Spaziergang antreibt.
Die jahrhundertealte Gartenkunst der Japaner mit ihren Nachbildungen der Natur im eigenen Raum, spricht für diese Erkenntnis der innewohnenden Kräfte der Natur, zur Regeneration von Körper, Geist und Seele. Die japanische Seele sieht in einem Tautropfen, der morgens auf einem Lotusblatt glitzert, nicht nur eine Widerspiegelung, sondern eine Verdichtung, ein “Einfangen” des Himmels und der umgebenden Welt. Ähnlich ist der ganze Garten, bis hin zum blinkenden Tautropfen, nichts von der Welt Abgehobenes, sondern verdichtete Natur. Eine Drei-Steine-Komposition im Garten symbolisiert – und ist in gewissem Sinne – die klassische chinesische Dreiheit: Himmel – Erde – Mensch.

Wir schmücken überall auf der Welt unsere Häuser mit einem Garten und haben wir keinen Garten wird der Balkon begrünt, sollte auch der fehlen, hängen zumindest Landschaftsbilder in der Wohnung und wenn die auch fehlen, sind es private Reise- oder Urlaubsfotos, die an die Ferne und die fremden Naturlandschaften erinnern. Immer findet der Mensch zum Auftanken auf seine eigene Art zu seinen natürlichen Wurzeln zurück.
Gemeinsames in allen hier ausgestellten Arbeiten ist also das Thema der Natur. Wir sind Natur und wir betrachten heute die Natur interpretiert anhand unterschiedlichster Medien und Techniken.

Eine Ausstellung im neuen Zeitalter (mehr oder weniger nach der Pandemie), nährt die Vorstellungskraft und ihre innewohnende Tendenz zur Synthese. Diese Tendenz wird durch die Inspiration befeuert, die von der Qualität der Vision herrührt, um die Lücke im Bewusstsein zwischen innerer und äußerer Welt weiter zu überbrücken. Letzten Endes wird klar, dass die Welt der Bedeutung, die einzige Welt der Wirklichkeit für die Menschheit ist.

Zum Werk von Evelyn Kreinecker:

Evelyns Themen erfassen immer den Puls der Zeit. Sie trifft in ihrer eigenen stilistisch-gestaltenden Sprache mitten ins Schwarze oder mitten ins Herz. Sie stellt ihre persönlichen Fragen zu den brisanten sozialpolitischen Umwälzungen unserer Zeit. So zum Beispiel fragt sie sich, “was Wirklichkeit wirklich ist”. Daraus hat sich auch eine der beiden hier gezeigten Serien entwickelt mit dem Titel “Alles in allem”. Dabei geht es ihr um die Verbindung von allen Erscheinungen auf dieser Welt, ob sichtbar oder unsichtbar.

Sie versucht dabei nicht die Fragen nach Raum und Zeit sowie dem Sein zu beantworten, sondern präsentiert verwobene, verbundene, verknotete Gebilde, Schleifen, Stränge und Wellen, die sich aus dem Hintergrund lösen und sich zu organischen Geflechten überlagern, durchzogen von Mustern und filigraner Ornamentik.
Evelyn Kreinecker arbeitet in länger angelegten Serien und Projekten und darüber hinaus auch gleichzeitig an verschiedenen Themenbereichen. Für sie bedeutet Malen und Zeichnen ein Sehen, Beobachten, Erfassen, Verstehen, Ergründen, und Begreifen mit Pinsel und dem für sie typischen Kohlestift.

In der Serie “Alles in Allem” werden Linien mit kräftigen Kohlestrichen verstärkt und danach mit Ölfarbe sorgfältig modelliert, was ihnen einen sehr stofflichen, lebendigen Ausdruck verleiht. Ihre Werke sind ästhetisch aufgeladen, die harmonische Abstimmung der Farbtöne und ihre Zusammenstellung zeigt eine Komposition, die der Betrachter genießen kann.
Die Künstlerin hat bei dieser Serie mit “Farbe modelliert” erklärt sie, sie wollte keine Wirklichkeit erzeugen oder erfinden, sondern den Strukturen nachgehen und jene herausarbeiten, die sich aus der ersten Schicht auf der Leinwand ergaben.

Bei der zweiten Serie mit dem Titel “Immerse”, aus dem Englischen für “Eintauchen” beschäftigte sich Evelyn Kreinecker mit dem Thema Wasser als Lebensquell, als Projektion oder Ruhepol aber auch als Bedrohung bei Naturkatastrophen. Ein virtuelles Eintauchen in die grafisch wie expressiv malerisch und farblich stark akzentuierten Oberflächen und Tiefen wird dem Betrachter dabei ermöglicht.
In der Betrachtung der Arbeiten werden je nach Perspektive verschiedene Malschichten erkennbar. Wenn man nahe an das Bild herantritt, stellt sich die Wasseroberfläche als Textur dar. Das „Wasserhafte“ entwickelt sich für das wahrnehmende Auge erst durch die Distanz zum Gemälde. Je nach Blickwinkel sehen wir die Oberfläche, die Spiegelung des Wassers – oder aber auch das Darunterliegende. lllusionistisch entstehen optische Täuschungen, da aus der entfernten Perspektive eine Oberfläche suggeriert wird, aber tatsächlich handelt es sich um eine tieferliegende Malschicht.

Evelyn Kreineckers Werke sind fabelhaft komponiert. Bewegend und sinnlich flimmert es farbkräftig dem Betrachter vor den Augen, doch oft auch mit markanten Konturen, die eine Intensität versprühen und somit die Aufmerksamkeit völlig auf sich ziehen.

(gekürzte Fassung)